Chrisch und Holzer überzeugten

Die Gemeindebücherei Straßkirchen organisierte zusammen mit dem gemeindlichen Seniorenbeauftragten Norbert Kiendl eine Mundartlesung mit Musik der „besonderen Art“. Die Mundartforscherin Elfriede Holzer (Bodenmais) und Christian Schmidt (genannt Chrisch aus Rabenstein) waren voll in ihrem Element. Das Publikum konnte sogar beim Mitsingen von heimischen Weisen und uralten Liedtexten den Abend mitgestalten. Die Autorin des im vergangenen Jahr erschienen Buchs „Hunt samma scho“ hatte zusammen mit dem Glaskünstler und Zeichner Christian Schmidt unter musikalischer Umrahmung durch das Haselbach-Trio für einen unterhaltsamen und kurzweiligen Abend gesorgt.

Nicht krachlederne Dialektgaudi war das Thema der Veranstaltung, sondern die Eigenheiten und die Vielfalt der bayerischen, urwüchsigen, schönen Mundart, die anhand von Beispielen aus dem Buch der Sprachwissenschaftlerin ebenso fundiert, wie unterhaltsam erörtert wurden. In mancher Redensart und Ausdrucksweise erkannte sich der Zuhörer selbst wieder und wurde zum Nachdenken über die eigene Alltagssprache angeregt. Redensarten wurden unter die Lupe genommen und sogar Schimpfwörter und Fluche untersucht. Bei der Sprachanalyse war auch die herkunftsspezifische Deutung ein wichtiges Augenmerk. Kaum ein Zitat ist so bekannt und wird so oft angewandt wie „leck mi am Osch“ von Götz von Berlichingen, das Christian Schmidt eindrucksvoll erläuterte. Im Alltagsgebrauch, aber auch in der Öffentlichkeit, rufen Redensarten unterschiedliche Reaktionen hervor. Chrisch hatte sogar die eiserne Hand des Raubritters und die lautliche Stärke aus dem Mittelalter in seinen Auftritt eingebunden. Die rauen Zeiten des Mittelalters und die urwüchsigen Bayerwald-Begrifflichkeiten wurden direkt vor Augen geführt. Der Hintergrund wurde durch Elfriede Holzer ausführlich und lustig nahe gebracht. Der Sprachwissenschaftler Johann Andreas Schmeller (1785-1852) war einer der wichtigsten Mundartforscher des 19. Jahrhunderts und hat mit mit seinem „Bayerischen Wörterbuch“ ein bis heute anerkanntes Standardwerk für die Dialektforschung geschaffen und zudem einen weiteren Bereich der Dialektologie, nämlich die „Sprachinselforschung“ begründet.

Bayerische Schimpfwörter sind zum Teil sehr fantasievoll und gerade die Nuancen der Betonung machen hier die Musik. Die Bedeutung hängt von winzigen Silbenbetonungen ab. Man stelle sich mal einen „wuiden Deife“ vor, so Holzer und führte mit Chrisch die vielfältigen Bedeutungen und Verständnisse dieses Mundart-Kraftausdrucks vor. Chrisch schlüpft von einer Verkleidung in die nächste und nahm das Publikum auf eine gedankliche Reise durch die Heimat mit. Ob der Ausdruck „wuider Deife“ für einen flinken, athletischen „Bergfex“ oder einen eher unansehnlichen Menschen passend ist, wurde auf der Bühne ausdrucksstark dargestellt. Sogar der Hosianna singende „Münchner im Himmel“ war mit von der Partie, um Mundartgeschichte und die Kraft der Worte eindringlicher zu erläutern.

Bei dem Abend wurde auch der nachwachsenden Generation das lebendige Kulturgut „Dialekt“ und das Kulturgut „Buch“ noch näher gebracht. Elfriede Holzer beschäftigt sich seit Jahrzehnten beruflich mit den bairischen Dialekten, hat zum Beispiel am Forschungsprojekt „Sprachatlas von Niederbayern“ mitgewirkt und ist zurzeit im Landkreis Straubing-Bogen im Rahmen des Projektes zur Erfassung der mundartlichen Form der Ortsnamen in Bayern unterwegs. Chrisch (Christian Schmidt) ist als Illustrator und Zeichner, neben seinem Haupterwerb als Glaskünstler, aktiv. Der mehrfach ausgezeichnete Künstler ist in vielen Bereichen aktiv, als Gitarrist und als Schauspieler hat er schon einige Jahre Bühnenerfahrung. Er hat das jüngste Holzer-Werk „Hunt samma scho“ mit eindringlichen Zeichnungen garniert und somit sowohl beim Werk als auch beim Straßkirchner Mundartabend einen wichtigen Teil des Gesamtkunstwerks gestaltet. Abschließend sorgte das Haselbach-Trio mit urbayerischer Musik noch für einen gemütlichen Ausklang. Man darf sich schon auf das nächste Werk der beiden „Bayerwäldler“ freuen. Die Autoren konnten nach dem Abend noch ihre Werke im Pfarrsaal signieren. Die Publikation „Hunt samma scho“ mit vielen Beiträge zu den Mundarten in Niederbayern von Elfriede Holzer ist gleichsam nicht nur ein Buch für den „ostbayerischen Waidler“ sondern auch der moderne Stadtmensch kommt hier voll auf seine Kosten, wie die exemplarische Präsentation aus dem 2022 erschienen Buch zeigte.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Im Straßkirchner Pfarrheim gab es eine Mundartlesung der besonderen Art, gleichsam wie bei einer „szenischen Lesung“ begeisterten die „Bayerwäldler Holzer und Chrisch im Gäuboden“: von links: Bürgermeister Christian Hirtreiter, Elfriede Holzer, Chrisch (Christian Schmidt), Norbert Ubrig (Seniorenteam/Gemeindebücherei), Nicole Strobl (Gemeindebücherei); 2. Reihe: Josef Hobmeier (Tuba), Ingrid Weiderer (Gitarre), Alfons Weiderer (Akkordeon)