Straßkirchens Bürgermeister Christian Hirtreiter konnte am Freitag, 25.04.2025, neben einigen Musikformationen die Gstanzlsänger Hubert Stettmeier (Loh/Plattling) und Josef Gürster (Niederharthausen) zum diesjährigen Musikantenstammtisch begrüßen. Der langjährigen evangelischen Pfarrerin i.R. Erna Meiser, die extra aus ihrem Alterssitz Ursensolln (Oberpfalz) anreiste, war das Publikum bei ihren Gstanzln besonders gewogen.
Mit Gstanzln zu örtlichen Geschehnissen und Schwächen von anwesenden Persönlichkeiten konnten die Sänger das Publikum begeistern. Gerade das „Aussingen“ von Schwächen oder besonderen Kunstfertigkeiten von Honoratioren war eine Disziplin, die für die Zuschauer interessant war.
Mit den in bayerischer Mundart gekonnt vorgetragenen Reimversen wurden aber auch Stimmungen und „aktuelle Entwicklungen im Bayernland“ karikiert.
Gerade die niederbayerischen Gstanzl vermitteln das heimische Lebensgefühl und sind vielfach zeitlos. Insbesondere der Auftritte der örtlichen Musikerinnen und Musiker aus Straßkirchen mit eigenen Musikstücken, aber auch sehr gelungenen Witzen, riefen besondere Lachsalven bei dem stimmungsgeladenen Abend hervor. Dass auch die Jugend im Musikbereich besonders talentiert ist, zeigten die Darbietungen vom Akkordeonspieler Korbinian Rehmet und ein Gedicht von Johanna Berberich. Die vielen anwesenden jungen Talente gaben unter starkem Applaus einiges zum Besten.
Die zwölfköpfige Blaskapelle „Donaumusikanten“ unter Leitung von Dirigent Gerhard Loibl umrahmte den Abend mit gekonnter Blasmusik und spielte zünftig auf. Es waren das Trio „Zweigesang mit Elisabeth – die Urferer“, das Trio „Zweidreiviertel“ (Akordeon, Gitarre und Klarinette) und das Musikanten-Duo „Hubert Settmeier und Hans Saller“ mit höchstem Einsatz mit von der Partie. Daniel Zollner begeisterte auf der „Steirischen Harmonika“ mit eindringlichen, virtuosen Musikeinlagen und wurde sogar mit dem Sonderinstrument „auf der Blechkrawatten“ von Hubert Stettmeier („Maus“) begleitet.
Mit wechselnden Zusammensetzungen wurde musiziert, gesungen und es wurden vor allem die „Lachmuskeln“ trainiert.
Auch im kommenden Jahr wird der Musikantenstammtisch am Freitag nach Ostern, am 10. April 2026, im Gasthof Brunner durchgeführt.
Der abschließende Gstanzl-Reim von Pfarrerin Meiser war: “So macht`s no guat weida, mit engana Gschicht – lebts`s glücklich und fröhlich, dass`s Euch an nichts gebricht“. Weit nach Mitternacht trennten sich die letzten Musikanten nach dem „gemeinsamen Nachgesang“ in fröhlicher Stimmung und freuen sich schon auf den nächsten traditionellen Straßkirchner Musikantenstammtisch 2026
„Gstanzlsingen – modernes und beliebtes Brauchtum“
Ein freches, aber nicht beleidigendes Mundwerk, Musikalität und eine schnelle Kombinationsgabe brauchen die Gstanzlsänger, denn nicht nur Talent sondern hohe Reaktionsfähigkeit machen die guten Gstanzlsänger bzw. Gstanzlsängerinnen aus. Neben den frei vorgetragenen gereimten Versen sind vor allem die Stegreifgesänge eine besondere Freude für das Publikum. Die Königsdisziplin allerdings, wo dann das Publikum das Können der Gstanzlsänger richtig vergleichen kann, ist das gegenseitigen „Aussingen“. Hier ist der mitauftretende Gstanzlsänger jeweils dann die Zielscheibe der Reimverse, entweder mit seinem Auftreten oder seiner Person.
Die steigende Zahl von Gstanzlsingerauftritten bei Stammtischen und Festlichtkeiten zeigt, dass sich bayerisches Brauchtum nach wie vor großer Beliebtheit erfreut und bei Alt und Jung „modern und beliebt“ ist.
Was ist ein Gstanzl?
Das Gstanzl ist eine bayerisch-österreicherische Liedform, meist als Spottgesang, der sich auch bei manchen Jugendlichen zunehmender Beliebtheit erfreut und gerade bei Volksmusikstammtischen „fröhliche Urständ“ feierte. Es steht vorwiegend im Drei-Viertel-Takt und gehört wie die verwandten Schnaderhüpfel zu den Vierzeilern. Die Bezeichung „Gstanzl“ ist als eine Verkleinerung vom italienischen Wort stanza (Strophe) gedacht. Gstanzln werden vielfach aus dem Stegreif in der jeweiligen heimischen Mundart gedichtet und vorgetragen. Gute Gstanzlsänger können stundenlang Gstanzln vortragen, ohne sich zu wiederholen.
Gstanzln mit ihren unzähligen Melodien leben vor allem vom Vortrag in der entsprechenden Situation. Es gibt viele Gelegenheiten, bei denen Gstanzln entstehen. Sehr beliebt ist das Gstanzlsingen auf Bauernhochzeiten in Altbayern, wobei sich der Hochzeitslader über die Brautleute und die geladene Gesellschaft lustig macht. Das Gstanzl kann derb und hart, aber auch zart und innig sein. Meist handelt es sich um gereimte und gesungene Improvisationen, die von heiteren und ernsten Vorgängen, Gemütsstimmungen, Lebensanschauungen und Schwächen des Menschen handeln. Gstanzln werden oft von Generation zu Generation mündlich weitergegeben und erleben je nach Region und Zeitraum verschiedenste Varianten. Sie werden aber auch heute von den Sängern neu „erfunden“, um aktuelle und auch politische Begebenheiten scherzhaft zu beschreiben. Die jeweilige Mundart und die Herkunft des Sängers gibt den Stücken die besondere Färbung.
Gstanzl sind mehr als Mundartübungen
„Oachkatzlschwoaf“ – können Sie dieses Wort richtig aussprechen? Ja? – dann ist man quasi ein echter Bayer. So werden die Touristen oft über die bayerische Sprache als Zugang zu unserer Kultur informiert. Welch ein Glück, dass Johannes Andreas Schmeller bereits 1827 erstmalig die bayerischen Mundarten in seinem „Bayerischen Wörterbuch“ erfasst und umfassend dargestellt hat. Was den Fremden in Bayern als einheitlicher, meist unverständlicher Dialekt erscheint, ist in Wirklichkeit eine Vielzahl von verschiedenen Mundarten, die gerade bei den Gstanzln deutlich zur Geltung kommen. Jodler und Gstanzl sind nicht, wie vielfach angenommen, kennzeichnend für die gesamte bayerische Volksmusik, sondern für die südlichen Landesteile. Niederbayern ist mit mehr als hundert verschiedenen Volkstänzen eine der reichsten Tanzlandschaften. Auch das Aussingen der Hochzeitlader ist bei modernen Hochzeitsfeiern gelegentlich noch in besonderer Vielfalt zu erleben. Gerade auch manche Kommunalpolitiker unterstützen Bestrebungen, das überlieferte Brauchtum weiterzuentwickeln und mit neuem Sinn zu erfüllen.
Echte Tradition – keine Volkstümelei
Oftmals wehrt man sich gegen die kommerziell folkloristische Vermarktung der stammesmäßigen Eigenheiten, gegen modernistischen „Bavarian-Look“, gegen oberflächlich-sentimentale Volkstümelei. Denn das Verkitschen bayerischer Wesensart will man vermeiden. Gstanzlsingen lebt in erster Linie vom Engagement und vom Weitergeben an die nächste Generation, denn die Nachwuchsarbeit ist hier das wichtigste.
Gstanzlsänger Huber Stettmeier („Maus“) mit der „Blechkrawattn“ und Daniel Zollner mit der „Steirischen“ heizten beim Musikantenstammtisch in Straßkirchen wieder richtig ein
Die Musikanten waren voll in ihrem Element: von links Manfred Loibl (Bavaria Blue) und Gerhard Loibl (Dirigent der Donaumusikanten), evangelische Pfarrerin i.R. Erna Meiser (Gstanzlsängerin), Manfred Pflügl, Gstanzlsänger Hubert Stettmeier und Sologitarrist Hans Saller