Bürgermeister Christian Hirtreiter konnte am Freitag, 2. Dezember 2022, eine Reihe von Ehrengästen und 50 interessierte Zuhörer zu dem ersten Fachvortrag im neuen Straßkichner Ratssaal willkommen heißen. Der Straßkirchner Träger der Goldenen Bürgermedaille und Buchautor, Willi Goetz, referierte zum Thema“ Das Straßkirchner Bajuwarengräberfeld“. Mit beeindruckenden Bildern konnte Willi Goetz das Publikum auf eine Zeitreise mitnehmen.
Der Vortragsabend war der erste Abend im Rahmen der Erstellung eines Integrierten Städtischen Entwicklungskonzepts (ISEK) für den Straßkirchner Ortskern.
Gemeinsam mit dem Büro NVO aus München/Regensburg und dem Planungsbüro „Sinnwerkstadt“ gestaltet die Gemeinde ein Integriertes Stadtentwicklungskonzept (kurz ISEK). Es handelt es sich um ein Verfahren, welches die städtebauliche Entwicklung einer Gemeinde für einen Zeitraum von rund 10-15 Jahren vorbereitet. Das Straßkirchner ISEK fokussiert sich auf einen räumlich abgegrenzten Bereich im Ortskern und wird hier auch die Wünsche und Anregungen der Bürger einbinden. Hierbei werden Tradition, Vergangenheit und Zukunft behandelt. Willi Goetz wird hier auch im Januar 2023 bei einem Bürgerworkshop und einem weiteren öffentlichen Abendvortrag zum einen die herausgehobenen Denkmäler Straßkirchens und zum anderen die bedeutenden Geschichtsabschnitte Straßkirchens beleuchten.
Bei dem nun ersten Vortrag „Das bajuwarische Reihengräberfeld in Straßkirchen – Ausgrabungen von 1988 bis 1993“ berichtete Willi Goetz nicht nur als betroffener Grundstücksbesitzer, sondern auch Initiator der Ausgrabungen. Er konnte die archäologischen Arbeiten aus nächster Nähe verfolgen, mit vielen bisher unveröffentlichten Fotos dokumentieren und wichtige Daten zu den Ausgrabungen, die das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege von 1988 bis 1993 in Straßkirchen nur 300 Meter vom Ortskern entfernt durchführte, darstellen. Seine Ausführungen konzentrierten sich auf die archäologischen Ausgrabungen durch den Grabungsleiter Otto Karl, bei denen ein bajuwarischer Reihengräberfriedhof mit 400 Grabstätten geborgen wurde. Zusätzlich fanden sich allerdings auch Spuren anderer historischer Epochen, sei es ein römischer Gutshof der mittleren römischen Kaiserzeit, ein mit Palisaden umgebener Hof der Hallstattzeit, eine Siedlung aus der mittleren Urnenfelderzeit oder eine jungsteinzeitliche Wallanlage der Altheimer Gruppe. Allein aus der bajuwarischen Phase waren nach sechsjährigen Ausgrabungen 402 Gräber mit 405 Bestatteten geborgen. Obwohl die Gräber über die Jahrhunderte wegen ihrer wertvollen Inhalte mehrmals stark beraubt wurden, fanden sich neben den Skeletten noch 640 Objekte, die die Wissenschaft noch lange beschäftigen werden. Neben den üblichen Beigaben an Schmuck, Waffen und Dingen des Alltags erregte vor allem ein spektakulär ausgestattetes Doppelgrab eines jungen Adelspaares das öffentliche Interesse. Hier stellte Goetz mit eindrucksvollen Fotomaterial die goldenen Schmuckstücke, von der mit Erdmaterial ummantelten Grabbeigabe im Fundzustand bis zum schön hergestellten und restaurierten Museumsstück dar. Goetz ging zunächst auf die frühe Besiedlung des Gäubodens ein, der über Jahrtausende hinweg ein begehrtes Siedlungsgebiet gewesen sei. Auf einer leichten Anhöhe gegenüber dem heutigen Kirchhügel, auf dem Gelände eines ehemaligen römischen Gutshofes, sei der bajuwarische Friedhof mit einem umfangreichen Reihengräberfeld entstanden. Spätestens seit den 1930er Jahren war das Gelände als archäologischer Fundort bekannt, sagte Goetz. Mit Unterstützung des begeisterten Ausgrabungstechnikers Otto Karl (Ascha) und unter der Leitung des Landesamtes für Denkmalpflege sei im August 1988 auf seinem Grundstück mit Probegrabungen begonnen worden: „Grab neben Grab in ost-westlicher Ausrichtung – das bajuwarische Reihengräberfeld war wiederentdeckt“, erzählte Goetz. Zur Freude aller Beteiligten wurde etwas abseits das unberaubte Doppelgrab eines jungen adeligen Geschwisterpaares gefunden. Mit kostbaren Grabbeigaben wie Wurfaxt „Franziska‘“ und Kamm, zwei einzigartigen gläsernen „Rüsselbechern“ und reich verzierten Fibeln und Tischmesser, mit Perlen aus Glas, Bernstein und Meerschaum.
Mit Abbildungen der verschiedensten Grabbeigaben ließ Goetz die Zeit der Bajuwaren lebendig werden: Geräte wie ein Hobel, Messer, Pinzette und Kämme, Schilde, Kurz- und Langschwerter, Fibeln, Ringe und Perlen wurden gefunden und besonders geformte Keramik entdeckt. Unermüdlich und mit größtem Fingerspitzengefühl habe Otto Karl gearbeitet, sagte Goetz. Anthropologen wie Kerstin Kreuz sei es gelungen, von den Skeletten auf Abstammung und Arbeitsweise, auf Ernährung und Krankheiten der Menschen wie Karies und Arthrose zu schließen.
Der Referent Willi Goetz ist trotz seines verdienten Ruhestandes weiterhin äußerst aktiv. Nicht nur, dass er sich mit Veröffentlichungen zur Ortsgeschichte stark engagiert, es gelingt ihm auch sein umfassendes Wissen und seine Kreativität für die Orts- und Heimatgeschichte zu bündeln und an die nachwachsende Generation weiterzugeben. Tradition und Vergangenheit, angereichert durch viele Fotos und persönliche Anekdoten wurden von Willi Goetz interessant dargestellt. Bürgermeister Christian Hirtreiter dankte fürs hervorragende Engagement in allen Bereichen, ob Schulmuseum oder Ortsgeschichte, überall sei Goetz höchst vorbildlich tätig. Seit über 25 Jahren gibt das Schulmuseum Kindern einen Einblick in die Zeit von damals. Nach „Straßkirchen in alten Ansichten“ im Jahr 2004 und einer Ortsgeschichte 2012 gibt es seit 2021 von Willi Goetz einen dritten Band über seinen Heimatort mit dem Titel „Straßkirchen in Zeitungsartikeln“, gedruckt in der Cl. Attenkofer`schen Buch- und Kunstdruckerei Straubing. Er enthält auf 142 Seiten eine Auswahl von Goetz in den letzten 20 Jahren für das Straubinger Tagblatt verfasster orts- und heimatkundlicher Artikel aus der reichen Vergangenheit und Gegenwart des Dorfes, ausgestattet mit vielen Bildern. Auch die wichtigen Inhalte des Bajuwarengräberfeldes sind darin kommentiert.