Rathaus-Baustelle in der Fertigstellung

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Am Freitag, 1. Oktober 2021, öffneten sich in Straßkirchen die Bauzäune: Die Baustelle des Rathauses lud ein zu „Baustelle betreten“. Nach der Begrüßung durch den Bürgermeister Christian Hirtreiter führt der Deggendorfer Architekt Bert Reiszky über die Baustelle, durch die Räumlichkeiten und den neuen Ratssaal und stellt sich den Fragen der Interessierten. Mit dieser Aktivität wollte die Gemeinde Straßkirchen zu Gespräch und Diskussion einladen.

Rathaus

Das Rathaus entsteht in der historischen Ortsmitte mit Kirche und denkmalgeschützten Gasthof an der Brücke der alten Handelsstraße – nun vielbefahrene B 8 – über den Irlbach. Das innerörtliche Bachtal ist der einzige Naherholungsbereich im gesamten Gemeindegebiet, das außerhalb des Ortes intensiv landwirtschaftlich genutzt ist. Es bietet das Potential einer zentralen, grünen Entwicklungsachse für die stark wachsende Gemeinde mit Naherholungsflächen sowie Fuß- und Radwegen zur Ortsmitte. Die komplette Südseite des Kirchplatzes gegenüber der Kirche war bei Planungsbeginn eine Brachfläche. Der Neubau ist deshalb auch eine Chance zur städtebaulichen „Reparatur“ und soll ein wesentlicher Impuls für die Wiederbelebung der Ortsmitte sein. Das Rathaus ist wie die ehemals ortbildprägenden Höfe als Hakenhof angelegt. Das kleinere, zum Kirchplatz traufständige Gebäude beherbergt den Ratssaal unter einem raumhaltigen Satteldach und ihm zugeordnete Räume. Dieser ist auch für Veranstaltungen nutzbar und sozusagen das „Wohnhaus“ der Dorfgemeinschaft. Seine Nordfassade fasst den Kirchplatz neu. Der größere „Wirtschaftstrakt“ mit den Büroräumen steht giebelständig und möglichst nah an der Bundesstraße um eine verkehrsberuhigende Engstelle zu schaffen, den eigentlichen Kirchplatz räumlich abzuschließen und den nordwestlich davon liegenden Dorfanger am Irlbach zu definieren. Im Winkel der beiden Gebäudeteile entsteht ein lärmgeschützter Innenhof, der für Veranstaltungen genutzt werden kann. Das gläserne Foyer als Verbindungsglied ist durchgesteckt bis zur Nordwestseite des Verwaltungstraktes um auch einen Eingang zur grünen Achse Straßkirchens, der möglichen späteren Fuss- und Radwegmagistrale zu bieten. Es öffnet sich zur zweigeschossigen zentralen Halle, an der alle Büros mit Besucherverkehr liegen. Die Büroräume sind überwiegend zum ruhigen Innenhof orientiert, nach Außen v. a. Nebenräume bzw. nicht ganztags besetzte Büros. Das Rathaus erreicht den KfW-55-Effizienzhausstandard. Es ist mit einer Wärmepumpe beheizt und gekühlt und hat -schon wegen der Lage an der Bundesstraße 8 – eine Lüftungsanlage, die alle Räume mit Frischluft versorgt, ohne die Fenster öffnen zu müssen – was natürlich dennoch ist.

Haustechnik versorgt Rathaus und Kinderkrippe Die Planung des Rathauses ließ auf dem Baugrundstück noch Platz für die mehrgruppige Kinderkrippe übrig. Das städtebauliche Gesamtkonzept, welches das Architekturbüro Reiszky für die Ortsmitte erarbeitet hatte, zeigte die Chance auf, die Krippe unmittelbar gegenüber des Kindergartens zu platzieren. Deshalb sah schon der städtebauliche Entwurf für Krippe und Rathaus vor, mit den beiden Gebäuden einen dreiseitig geschlossenen, schallgeschützten Innenhof zu bilden. Die Haustechnik des Rathauses versorgt auch die Krippe und natürlich hat auch diese eine Lüftungsanlage, die auch im Winter immer ausreichend frische, vorgewärmte Luft sicherstellt. Weitere Erläuterungen durch die planenden Architekten gaben den teilnehmenden Bürgern interessante Einblicke in die Überlegungen der Gesamtplanungen.

Kunst am Bau durch Spende

Vor Beginn der Führung hatte die Straßkirchner Künstlerin Maria Thurner zwei Gemälde, welche sie in den letzten Monaten hergestellt hat, für das Rathaus übergeben. Die beiden großen Gemälde stellen ein sehr reiches adeliges Ehepaar aus dem 16. Jahrhundert dar.

Das gemalte Ehepaar stellt Johann Prey zu Straßkirchen und Schonstett und dessen Gemahlin Johanna Prey zu Straßkirchen und Schonstett, geborene Schenkchin von Notzing, jeweils 1592 portraitiert, dar. Die Vorlagen für die modernen Gemälde hat in Form von zwei großen Duplikaten der Gemälde in Originalgröße Willi Goetz ebenso für die Ausstattung des neuen Rathauses gestiftet.

Straßkirchen war ehemals Adelssitz

In Straßkirchen bestanden für sieben gefreite Höfe dem herzoglichen Richter nicht zugängliche Rechte. Drei Höfe gehörten zur Herrschaft des Grafen von Moos und drei waren der Herrschaft Loham untertänig. Der siebente gefreite Hof mit dem Recht der niederen Gerichtsbarkeit war das Hofmarksgut, welches ein Schloss mit vermutlich einem Turm mit einem Ringgraben nähes des Dorfbaches beinhaltete. 1417 hatte der Deggendorfer Kammerer den Besitz gekauft. Der Straubinger Bürgermeister Caspar Preu errichtete 1518 den „Sitz zu Straßkirchen“.

Die Entstehungsgeschichte dieses Hofgutes ist bis in das 15. Jahrhundert zurück verfolgbar.

Erbe war sein Sohn Hanns Preu, der 1575 als Regimentsrath in Straubing, 1592 als Kastner zu Burghausen und bald darauf als Rentmeister dortselbst erscheint. Herzog Wilhelm belieh 1593 den Preu’schen Besitz zu Straßkirchen mit der Hofmarksgerechtigkeit und niederen Gerichtsbarkeit. Die Beleihung war nur im Mannesstamm und im Namen vererbbar. Hanns Preu hatte keine männlichen Nachkommen. Nach seinem Tode verkauften 1604 seine Töchter Sibillia und Anna den Besitz zu Straßkirchen an die Stadt Straubing, welche auch nach anfänglichen Schwierigkeiten die niedere Gerichtsbarkeit bestätigt erhielt.

Reiche Familie „Prey zu Straßkirchen“

Trotz des Verkaufs des Hofmarksgutes konnten die Nachkommen des Hanns Preu ihren Namen weiterhin mit dem Prädikat „von Straßkirchen“ schreiben. Der letzte, der dies tat, war Johann Michael Wilhelm von Prey zu Straßkirchen, seit 1713 Hof- und Kammerrat des Freisinger Fürstbischofs, der die umfangreiche bayerische Adelsbeschreibung in der Handschriftenabteilung der Münchener Staatsbibliothek hinterlassen hat und nach 1740 gestorben ist. In der Landtafel von 1628 ist das Hofmarksgut als Sitz und Sedelhof (Sattelhof, Freigut) bezeichnet. Von diesem Jahre liegt eine Quittung vor, daß der Straubinger Stadtkastner Christoph Sigersreiter, der das Hofmarksgut Straßkirchen verwaltete, erhebliche Geldsummen für die Landesverteidigung im Schwedenkrieg abführte.

Das geöffnete Fenster im Portrait des Johann Prey gibt den Blick frei auf die Pfarrkirche St. Stephanus von Straßkirchen, einen Teil des Schlosses und den Schlossgarten aus der Renaissance. Leider hat sich von dem Adelssitz nichts mehr erhalten. Die nun im Rathaus befindlichen vier Bilder lassen die Bedeutung Straßkirchnes auch aufgrund des reichen Goldschmuckes und des Renaissance-Gartens der Adelsfamilie erahnen.

Von links: Bürgermeister Christian Hirtreiter, Maria Thurner und der Architekt von Rathaus und Krippe, Bert Reiszky bei der Übergabe der Gemälde des ehemals sehr reichen Straßkirchner Adelspaares für das neue Rathaus im neuen Straßkirchner Ratssaal

Quelle:

Willi Goetz, „Straßkirchen in Zeitungsartikeln“, gedruckt in der Cl. Attenkofer`schen Buch- und Kunstdruckerei Straubing, 2021